From the Chess archiv of Chess-Results.com: Article: 1348 from 22.03.2000, Category Austria

DI. Ernst Stöckl tot

Wieder ist einer von uns nicht mehr am Leben. Am 22. März hat DI. Stöckl, der "Ernstl", wie wir ihn liebevoll nannten, im 88. Lebensjahr die Augen für immer geschlossen. Er war der heimischen Schachwelt nicht einer von vielen, er war einer der Großen, dessen Abschied aus dieser Welt uns alle, die wir ihn kannten und schätzen gelernt haben, sehr betroffen macht. 

Sein aufrechter Charakter, seine Kameradschaft und sein fröhliches Wesen werden uns fehlen. Er war bis ins hohe Alter ein treuer Anhänger der Göttin "Caissa", die ihn mit meisterlicher Spielstärke ausgestattet hatte. 

Neben seiner beruflichen Laufbahn als Absolvent der Wiener Hochschule für Bodenkultur galt seine Liebe durch mehr als sieben Jahrzehnte und zwar bis zuletzt dem Schach, das ihm viele Triumphe als Einzel- oder Mannschaftsspieler bescherte.

Oftmals vertrat er bei internationalen Turnieren oder Schacholympiaden ehrenvoll und erfolgreich als aufrichtiger Österreicher die rot-weiß-roten Farben, wofür ihm dieses Land aufrichtigen Dank schuldet! 

Auch sein Stammklub, der Schachklub Hietzing, dessen eine der Stützen er war, verliert durch den Tod ein Mitglied, dem er viel zu verdanken hat. Seine schachliche Laufbahn begann bereits als Mittelschüler, wo er 18jährig dem Schachklub Hietzing beitrat, dem er bis zuletzt die Treue hielt. Bereits 1935 konnte er als Teilnehmer am Trebitsch-Turnier Erfolge über Großmeister Grünfeld und Meister Glass verbuchen. Gemeinsam mit Meister Keller wurde DI Stöckl 1937 in der Wiener Stadtmeisterschaft hinter Becker und Grünfeld Dritter.

Der Zweite Weltkrieg unterbrach durch die Wehrdienstzeit seine schachliche Betätigung. 1950 wurde er Dritter im internationalen Weihnachtsturnier des SC Hietzing hinter Nedeljkovic und Grünfeld, vor Müller, Kopetzky, Kovacs, Monticelli usw. 1952/53 erreichte er im "Internationalen Kurier-Turnier" ebenfalls den dritten Rang (hinter Bisguier und Nedeljkovic, vor Grünfeld, Rabar, Rellstab, Dr. Paoli usw.).

Viele Male vertrat DI Stöckl auch die Farben Österreichs, so in den Jahren 1958, 1959, 1961 und 1962 als Mitglied beim Claire-Benedict-Turnier, 1958 und 1964 auch als Teilnehmer bei den Schacholympiaden, wobei er 1958 am dritten Brett das beste individuelle Ergebnis erzielte.

1976 war er Sieger im Turnier des SK Finanz, ebenso 1978 im Luncz-Gedächtnisturnier des SK Meidling (vor Dr. Klaus Opl). 1977 wurde er Zweiter im "Z"-Turnier.

Ab 1990, der ersten offiziellen Seniorenstaatsmeisterschaft, nahm er mit Ausnahme von 1991 regelmäßig an diesem Bewerb, den er 1995 für sich entscheiden konnte (1994 Zweiter, sowie 1993 und 1999 jeweils Dritter), teil.

In der Wiener Seniorenmeisterschaft siegte er sowohl 1997 (nach Stichkampf gegen Dr. Adalbert Csoergeoe) - 1998 fehlte er krankheitsbedingt - als auch 1999.

Lieber Ernstl, Du hast in Deinem Leben viel Höhen, aber auch schmerzliche Stunden erlebt (Deine Ehefrau ist viel zu früh von Dir gegangen), Dein Lebenswille blieb ungebrochen. Wir müssen von Dir Abschied nehmen, aber wir versprechen Dir, Dich und Dein schachliches Lebenswerk, das in Deinen Partien weiterlebt, nicht zu vergessen und in ehrenhafter Erinnerung zu behalten.

Fiducit, lieber Schachfreund!

Nachstehend eine Partie Stöckls aus dem im Mai 1959 gespielten Länderkampfes gegen Ungarn (7½-12½).

Weiß: ÖM E. Stöckl

Schwarz: GM G. Forintos

Sizilianisch [B41]

Anm.: ÖM Lothar Karrer

1. e4 c5 2. Sf3 e6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 a6 5. Le2 Sf6 6. Sd2. Eine anspruchslose Fortsetzung.

6. ... Dc7 7. 0-0 Sc6. Versucht wurde auch 7. ... Lc5 8. S4b3 La7 9. Kh1 d5, mit etwa gleichem Spiel, Padevsky-Neikirch, Bulgarien 1967.

8. Sxc6. Etwas besser war 8. S4b3.

8. ... dxc6. Nach IM Müller (ÖSZ 3/1959, S46,47) war hier 8. ... bxc6 nebst 9. f4 d6, mit gutem Spiel für Weiß geboten.

9. f4 e5 10. fxe5 Dxe5 11. Sc4 Dxe4 12. Lg5 Lh3. Besser war 12. ... Lc5+ 13. Kh1 und erst dann 13. ... Lh3 mit Vorteil für Schwarz.

13. Tf2.

 

13. ... Sg4?. Der entscheidende Fehler! Ebenso verlor 13. ... Lc5? wegen 14. Le3 (Keinen Vorteil versprach hingegen 14. Sd6+ Lxd6 15. Dxd6) 14. ... Td8 15. Lxc5; doch mit 13. ... Le6 14. Ld3 Dd4 15. c3 Dc5 16. Le3, oder 13. ... Td8 14. Ld3 Lc5 15. Lxe4 Txd1+ 16. Txd1 Lxf2+ 17. Kxf2 Sxe4+ 18. Ke3 Sxg5 19. gxh3 Ke7, konnte der Nachziehende einigen Vorteil festhalten.

14. Lxg4 Lxg4 15. Tf4 Dxc4.

Rasch verliert auch 15. ... Lc5+ 16. Kh1 Dxg2+ 17. Kxg2.

16. Dxg4 Dc5+ 17. Kh1 f6 18. Te1+ Le7 19. b4! Dd5. Auf 19. ... Dxg5 entscheidet 20. De6.

20. Tfe4 0-0 21. Lh6 Tf7 22. Txe7 Txe7 23. Txe7 g6 24. Tg7+ Kh8 25. Dd7 und Schwarz strich die Segel.

Dkfm. DDr. Wilfried Dorazil, Perchtoldsdorf

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